Fritz
Niemand außer seinen Eltern und besonders sein Onkel war offiziell mit Fritz in Kontakt gekommen, bis am 6.9.1969 sein Haus von wütenden Mongos infiltriert und bis dato geheimgehaltene Tagebücher gestohlen wurden. Das FBI verfolgte die Mongos und kam nach einem lang andauernden Schusswechsel an die Dokumente, verlor sie allerdings wieder, als es während der Flucht mit einem Helikopter von haarigen Albanen angegriffen wurde. Christoph Mraz fand die verblüffenderweise unversehrt gebliebenen Bücher auf seiner Terrasse und veröffentlichte sie anschließend versehentlich im Internet.
Ja, was wurde eigentlich aus Fritz? Bis auf die fragwürdige Geschichte aus einer älteren Version dieses Wikis, welche leider nur teilweise der Nachwelt erhalten blieb (siehe oben) und dem Wissen, dass er Namensgeber der im Internet gebräuchlichen Abkürzung wtf (was tun, Fritz?) war, ist nicht viel über ihn bekannt. Ich verbrachte viele schlaflose Nächte damit, mir über das mysteriöse Verschwinden dieser Person den Kopf zu zerbrechen, bis ich mich dazu entschied, der Sache auf den Grund zu gehen. Woher hätte ich wissen sollen, dass mich diese Mission eines Tages beinahe ums Leben bringen würde?
Die Idee
Gleich zu Beginn musste ich feststellen, dass es gar nicht so leicht ist, eine Person zu finden, von der ich ausschließlich den Vornamen kenne. Offensichtlich. Auch Begriffe wie "wütende Mongos" und "haarige Albaner" brachten mich nicht weiter. Ich musste mich also wohl oder übel an Christoph Mraz richten. Von ihm hatte ich allerdings auch nur eine sehr alte E-Mail-Adresse, aber ein Versuch war es wert. Ich schilderte ihm also mein Problem und fragte spaßeshalber, was er denn vom neuen Harry-Potter-Buch hielte. Einige Wochen vergingen und ich spielte ich bereits mit dem Gedanken, die Suche aufzugeben, bis es plötzlich an meiner Tür klopfte...
Der Besuch
Ich öffnete, fand aber nur einen großen Umschlag vor, den jemand vor die Haustür gelegt hatte. Weit kann der mysteriöse Bote nicht gekommen sein, dachte ich. Ich wohnte zusammen mit meiner Frau Ilse in einem relativ großen Einfamilienhaus, welches sie von ihren Eltern geerbt hatte. Wir hatten schon überlegt, es zu verkaufen, aber mein Vater meinte immer, dass der Immobilienmarkt momentan so schlecht sei. Wir würden irgendwann bessere Angebote bekommen. Ich aber glaube, dass er einfach nur in das Haus vernarrt war. Jedenfalls sprach er immer davon, dass er noch nie einen so großen Wintergarten gesehen hatte. Manchmal stritt er sich mit meiner Mutter, wenn die beiden zu Besuch waren und er sie ständig darum bat, noch ein bisschen bei uns zu bleiben. Er verbrachte dann die meiste Zeit im Wintergarten und rauchte Zigarre. Das hängt wohl damit zusammen, dass er damals, im zweiten Weltkrieg, wo er hauptsächlich Waffen reparierte, mal zusammen mit seinem Trupp ein großes Gebäude in Österreich eingenommen hatte. Das gehörte dem Chef einer Zigarrenfirma und mein Vater und seine Kameraden fanden es immer sehr lustig, sich spät abends einen zufälligen Raum in diesem Gebäude auszusuchen und dort bis in die Nacht Zigarren zu rauchen, derer sie sich ja frei bedienen konnten. Was das mit unserem Wintergarten zu tun haben soll, weiß ich ehrlich gesagt auch nicht, aber irgendwo muss ja ein Zusammenhang bestehen.
Unser Haus lag relativ abgelegen und ist nur durch einen engen Asphaltweg mit der Bundesstraße verbunden. Weit und breit war kein Auto oder Ähnliches zu sehen, also musste der Bote durch den Wald gekommen sein, mit dem unser Garten quasi verbunden ist. Ich öffnete aber erst einmal den Umschlag, der bereits geöffnet worden war und nur ein kleines gelbes Notizblättchen enthielt, auf dem "DUCKEN!" geschrieben sta
What the f#%$?
Ich ließ mich reflexartig zu Boden fallen und sah noch, wie der Shuriken knapp über mir vorbeiflog. Hätte ich mich ganz normal geduckt, wäre ich wahrscheinlich trotzdem getroffen worden! Schnell verschaffte ich mir einen Überblick über die Situation: Drei Ninjas versteckten sich im unserem Wohnzimmer, einer hockte auf dem Dach und der Rest verteilte sich auf den Bäumen kurz vor dem Garten. Sofort rollte ich mich zur Seite und bewegte mich vorsichtig außen an der Hauswand vorbei; der Ninja auf dem Dach folgte mir leise und holte zum Sprung aus. Dabei übersah er, wie ich an das Küchenfenster klopfte und wurde direkt vom nächsten Ninja, der aus dem Fenster gehechtet kam, erwischt. Ich nutzte die beiden wie ein Sprungbrett und erreichte das Innere des Hauses mit Leichtigkeit. Nun schnappte ich mir einen Schneebesen und schlich vorsichtig Richtung Kellertür. Sofort wurde mir klar, dass ich im Flur von zwei Ninjas umzingelt sein würde. Endlich konnte ich von meiner Schreckschusspistole Gebrauch machen! Normalerweise bin ich kein Waffenfreak, aber mein guter Freund Achim hatte mich einst mehr oder weniger dazu genötigt, den kleinen Waffenschein zu machen. Der textete mich einen ganzen Abend lang (wir saßen natürlich im Wintergarten) damit zu, dass so eine Schreckschusswaffe ja in so ziemlich allen Situationen überlebenswichtig wäre. Beim Waldspaziergang, beim Gassigehen, zuhause, im Urlaub, selbst im Büro. Das Gespräch war mir im Nachhinein ein bisschen unangenehm, weil ich mir immer wieder vorstellen musste, wie Achim in seinem großen Büroraum mit seinen Kollegen sitzt und ständig alle Ein- und Ausgänge und Fenster beobachtet. Dass er seinen Kollegen sicher des Öfteren auf die Nerven geht mit seiner Paranoia. So richtig unangenehm aber war dann, dass Achim wenige Tage später sein Auto geklaut wurde, einfach so über Nacht. Und er hatte angeblich nichts davon mitbekommen. Daraufhin gab es endlose Querelen mit der Versicherung und am Ende musste er noch relativ viel Geld aus seiner eigenen Tasche dazuzahlen. Das hatte mich dann dazu inspiriert, mich selbst ein bisschen besser auszurüsten, weil man ja nie weiß, ob einem sowas mal selbst passieren würde. So ein Autodiebstahl wie beim Achim würde mir aber ganz sicher nicht passieren, dafür schlafe ich viel zu schlecht.
Die Konfrontation
Bevor ich meine Schreckschusspistole, die ich tatsächlich in meinem Bademantel versteckt hatte, benutzen konnte, vernahm ich ein lautes, dumpfes Geräusch aus dem Flur. Ilse hatte einen der beiden übrigen Ninjas mit einem Regenschirm umgehauen! Kurz darauf ließ sie einen ohrenbetäubenden Kampfschrei heraus und ich hörte nur noch, wie es im Flur polterte und irgendjemand zu Boden fiel. Ja sapperlot, dachte ich, so laut hast du deine Ilse schon lange nicht mehr schreien gehört. Ich war ein bisschen geil, behielt aber die Fassung und blickte vorsichtig aus der Küchentür heraus in den Flur. Ilse! Der andere Ninja konnte sie anscheinend überwältigen. Ohne zu Überlegen rannte ich zu ihrem reglosen Körper und spürte sogleich den Lauf einer Schusswaffe, den jemand fest an meinen Hinterkopf zu drücken begann. "Fünf Minuten und zweiunddreißig Sekunden", ertönte eine finstere Stimme hinter mir, "so lange hat noch keiner überlebt." Kurz darauf folgte ein Fingerschnippen und alle Ninjas schienen sich nun im Garten zu einer Einheit zu formieren. "Eine Frechheit, mich nach dem neuen Harry Potter zu fragen. Ihnen ist bewusst, dass das nicht mal ein richtiger Roman ist? Noch dazu nicht von JK Rowling verfasst?" Die fremde Person sprach sehr schnell und wurde immer lauter, aber vielleicht kam mir das nur so vor, weil ich nunmal ein Fingerzucken vom Tod entfernt war. Ich brauchte einige Zeit, um die Worte des Fremden zu verarbeiten. "Sie sind Christoph Mraz? Was wollen sie von mir?", sprudelte es nach ein paar Sekunden aus mir heraus. "Töricht. Sie hatten mich doch um Hilfe gebeten! Lassen sie es mich kurz machen: Mit Fritz ist nicht zu spaßen. Alle Einzelheiten der Geschichte, die sie gehört haben, sind wahr und haben mir einiges abverlangt", antwortete Mraz geschwind. Währenddessen versuchte ich, mich langsam aufzurichten und sah gerade noch, wie die Ninjas plötzlich zur Angriffsstellung wechselten, bis mir Mraz mit dem Lauf seiner Pistole auf den Hinterkopf schlug. Aua! "A-aber waren sie nicht derjenige, der die Dokumente lediglich vorfand?", fragte Ilse, welche ich bis dahin noch für bewusstlos gehalten hatte. "In der Tat. Aber sie glauben nicht ernsthaft, ich wäre damit ungeschoren davon gekommen?" Vor meinen Augen sah alles verschwommen aus und ich hatte das beständige Verlangen, auf der Stelle einzuschlafen.
Der Deal
Gefühlt eine Sekunde später lag ich auf unserem Sofa im Wohnzimmer und sah, wie sich Ilse mit einem älteren, relativ großen Herren mit Brille unterhielt, bei dem es sich wohl um Mraz handelte. Die Brille war riesig, ehrlich, ich hatte (und habe bis heute) noch nie eine größere Brille gesehen. Mein leises Kichern erweckte sofort die Aufmerksamkeit der beiden. "Schatz, du bist wach! Wir müssen schleugnist unsere Sachen packen und nach Albanien reisen!" "Nach Albanien? Was?" Ich schaute verdutzt und leicht benommen in die Runde. "Richtig gehört. Sie werden sich für mich auf ein kleines Abenteuer begeben. Ihre Frau weiß Bescheid. Ich werde mich indessen um ihr Haus kümmern." Mraz bot uns tatsächlich an, während unserer Abwesenheit unseren Rasen zu mähen und unsere Gewächse zu gießen. Auch unseren Keller wollte er renovieren. Ich ließ das erstmal über mich ergehen und ging davon aus, dass das alles ein einziger Albtraum gewesen war. Spätestens, als ich auf dem Weg zum Schlafzimmer an einem Krähenfuß hingen blieb, wurde ich eines Besseren belehrt. Das Vernünftigste wäre wohl gewesen, einfach die Polizei zu rufen, aber trotz der mehrfachen Mordversuche, dem unerlaubten Eindringen in unser Haus und einem zerbrochenen Regenschirm hatte ich nicht das Gefühl, dass Mraz uns etwas Böses wollte. Er schien das "Fritz-Problem" sehr ernst zu nehmen und hatte uns beide im Prinzip unversehrt gelassen. Außerdem wollte ich schon immer mal Urlaub in Osteuropa machen, hatte mich nach unserem kleinen Überlebenskampf gerade neu in meine Ehefrau verliebt und auf die Gartenarbeit hatte ich ohnehin keine Lust.
Erste Station - Albanien!
Mraz schickte uns direkt in die Hauptstadt Tirana. Wie er es schaffte, ein komplettes Flugzeug für uns beide und seinen GESAMTEN Ninja-Trupp zu reservieren, ist mir bis heute ein Rätsel. Während des Fluges sprach uns einer von ihnen an und stellte sich als das Oberhaupt des Teams vor, woraufhin eine kleine Schlägerei folgte. Nun stand ein anderer Ninja vor uns, der gut an seiner Narbe zu erkennen war, welche sich quer durch sein Gesicht zog (und an seinem Namensschild, auf dem allerdings nur ein lachender Smiley aufgetragen war - ""). Er erklärte, dass es die sogenannten "Haarigen Albanen" gar nicht mehr gab. Sie wurden angeblich durch eine andere fremde Partei ausgelöscht oder verjagt. Allerdings hinterließen sie wohl eine Art Vermächtnis, welches uns definitiv bei der Suche nach Fritz helfen sollte. Mraz verbrachte wohl einige Jahre damit, die Spuren der Haarigen Albanen zu folgen.
Viel Zeit für die Suche nach Souveniren blieb uns nicht, da wir vom Flughafen aus sofort in eine sehr lange Limousine verfrachtet wurden. Wir saßen ganz am Ende auf einer großen Couch und vor uns reihten sich ca. 100 Ninjas auf. Uns wurden Getränke angeboten, die (griechische?) Musik war ganz angenehm und auch die Sicht aus den Fenstern war schön, aber eine Sache vermieste mir die ganze Fahrt - einer der Ninjas, ziemlich genau mein Nachbar, hatte die ganze Zeit über schlimme Blähungen. Ich traute mich nicht so recht, einfach aufzustehen und fragte daher einen der anderen Ninjas, ob es möglich wäre, dass wir uns woanders hinsetzen. Anscheinend verstand niemand hier unsere Sprache. Vorsichtig richtete ich mich auf und tat so, als würde ich mich nach irgendetwas umsehen. Ich durchstreifte die gesamte Limo und es war tatsächlich jeder Platz besetzt. Nun probierte ich, mich zwischen zwei Ninjas zu zwängen und wurde direkt zurückgewiesen. Wäre ja auch zu einfach gewesen. Kurz darauf kam mir der geniale Einfall, eines der Gläser umzustoßen und zu hoffen, jemand würde sich aufrichten und mir dadurch einen freien Platz gewähren. Ich versuchte, besonders hart zuzuschlagen, damit es auch ein paar Scherben gab, die dann jemand anderes auffegen würde, wodurch auch Ilse sich umsetzen könnte. Wie idiotisch diese Idee war, wollte Ilse mir schon von ganz hinten durch verschiedenste Handbewegungen und leise Zurufe mitteilen, welche ich allerdings als Anfeuern interpretierte. Ich nickte daher genervt in ihre Richtung. Ja, ist klar, du blöde Sau, ich weiß, wie man ein Glas vom Tisch stößt! Wenig später saß ich mit einer großen Beule am Kopf an meinem alten Platz und kniff mir für den Rest der Fahrt die Nase zu.
Lunxhëria
Nach einer gefühlten Ewigkeit erreichten wir ein relativ kleines Gebäude, das einer Skihütte ähnelte. In der Ferne konnte man ein Dorf erkennen, gegenüber lag ein riesiger Gebirgszug, auf den sich der Ninjatrupp zubewegte. Ich musste eigentlich dringend auf die Toilette und hätte auch eigentlich meine große Beule behandeln müssen (wir sind hier nicht im Cartoon xDDD), aber in der Hütte stand lediglich ein großer Tisch und darauf einige Spielkarten. Anscheinend hatte hier irgendwer irgendwann mal Solitär gespielt. Oder war es Bridge? Ich machte mir darüber keine weiteren Gedanken, verrichtete mein Geschäft hinter der Hütte und holte Ilse und die Ninjas bald ein.
Ich war selber noch nie Bergsteigen, weil ich mir das immer unheimlich langweilig vorstellte. Man läuft stundenlang durch Wald und Gestein, friert auf der Spitze und hat danach tagelang massive Schmerzen in den Füßen. Urlaub stellte ich mir anders vor. Nach nunmehr drei Stunden Wanderung hatten wir wahnsinnigen Hunger und konnten uns dazu durchringen, dies einem der Ninjas zu signalisieren. Prompt ertönte ein lauter Pfiff und im nächsten Moment saßen wir alle auf einer riesigen Picknickdecke und verzehrten Brötchen, Kaffee und Kuchen. Für einen kurzen Moment waren mir die Ninjas sympathisch. Aber wo zum Teufel kam eigentlich all das Essen her?
Hochmotiviert wanderten wir weiter. "Schatz", flüsterte Ilse mir zu, "ich muss zugeben, dass mir das hier mehr Spaß macht, als es eigentlich sollte." "Recht hast du", grinste ich zurück, "wir sollten sowas wirklich öfter machen. Vielleicht mal mit Katja und Christian! Guck mal, ich kann den Gipfel schon seh-" Plötzlich wurde ich ganz still. Ich nahm die Beine in die Hand und ließ sowohl Ilse als auch die Ninjas hinter mir zurück. In weniger als fünf Minuten stand ich auf dem höchsten Punkt des Berges und starrte in den Himmel.
"WARUM HAT UNS CHRISTOPH MRAZ ÜBERHAUPT AUF DIESE REISE GESCHICKT, WENN ER GANZ GENAU WEIẞ, WO DAS VERMÄCHTNIS DER ALBANEN ZU FINDEN IST? UND WAS MACHEN WIR AUF DEM GIPFEL EINES BERGES?"
"Von 'ganz genau' hatte ich nichts gesagt, aber ich finde es höchst amüsant, dass ihnen das erst so spät aufgefallen ist!" Mraz stand direkt neben mir, als er das sagte. "Was zum...? Aber wer bewässert jetzt meine Sonnenblumen?" "Das habe ich ihnen doch nur gesagt, damit sie glauben, ich wäre einfach nur ein komischer Kauz und würde es gar nicht Böse mit ihnen meinen. Nicht umsonst habe ich ein Diplom in Psychologie!" "Sie SIND ein komischer Kauz! Wie haben sie es überhaupt so schnell hier her geschafft?" Erst jetzt fiel mir die Narbe in seinem Gesicht, die unter seiner riesigen Brille verborgen war, auf.
Das Vermächtnis
"Aber... warum wir? Haben sie die Suche aufgegeben?" "Pff, ich hatte Besseres zu tun. Das gesamte letzte Jahr habe ich beispielsweise damit zugebracht, einen Beweis für das für unlösbar gehaltene Collatz-Problem zu formulieren. Die Suche nach Fritz war mir irgendwann zu riskant. Sie wissen ja gar nicht, auf was sie sich da eingelassen haben." "Und? Haben sie das Problem schon gelöst?", fragte ich keck. Mraz wandte sich kommentarlos seiner Ninja-Truppe zu und hob die rechte Hand in die Luft. Diese bestiegen nun ebenfalls den Gipfel und schienen nach irgendetwas Ausschau zu halten. "Ich zerbreche mir gerne den Kopf über Dinge, das macht mir, glaube ich, am meisten Spaß. Meine Eltern dachten, ich sei Autist, aber die Ärzte konnten mir das nie nachweisen. Ich hatte mal ein halbes Jahr lang in einem Casino gewohnt und mir dort eine goldene Nase verdient. Das müssen sie mir nicht glauben, aber es ist so. Bis heute ist mein einziger Imperativ, dass mein Gehirn jederzeit ausgelastet sein muss." (Er hantierte tatsächlich an einem Zauberwürfel.) "Ja, das ist alles schön und gut, aber was hat das jetzt mit uns zu tun? Sie hatten doch einen guten Grund dafür, die Suche aufzugeben, oder nicht?", fragte Ilse, die es nun auch nach oben geschafft hatte. "Als ich ihren Brief las, stellte ich fest, dass die Suche nach Fritz... etwas sehr Persönliches für mich zu sein schien. Ich hatte ihn bis dahin total vergessen, aber plötzlich konnte ich an nichts anderes mehr denken. Sehen sie diese Zusammenkunft also nicht als freundliche Geste. Ihr Brief war ein riesengroßer Fehler."
Unsere restlichen zweihunderttausendachthundertunddreißig Fragen mussten leider warten, denn einer der Ninjas hatte anscheinend etwas erspäht. "Kommen sie!", rief uns Mraz zu, der kurz zuvor seine Paraglider-Ausrüstung angelegt hatte und sich schon nach unten begab. Mit der Frage, wie diese Ausrüstung in hundertfacher Ausführung ihren Weg hier hoch gefunden hat, sollte sich Mraz beizeiten auch mal beschäftigen. Wir gleiteten also in Richtung eines kleinen Dorfes, bzw. seinen Überresten, wie ich kurz vor der Landung feststellen musste.
Die Ruinen stanken fürchterlich, wie eine Mischung aus Benzin und faulen Eiern. Im Zentrum schien sich eine große Zitadelle zu befinden, von der vergleichweise noch am meisten übriggeblieben war. An den Rändern des Dorfes befanden sich einige wenige Gesteinsreste, die wohl mal Teil einer großen Mauer gewesen sein mussten. Daraus ließe sich schließen, dass diese einstige Festung attackiert wurde, der Feind sich allerdings nur bis zur Zitadelle durchsetzen konnte. Oder ob er gar nicht in diese eindrigen musste, weil er bereits einen Großteil der Fläche eingenommen hätte? Mraz erklärte, dass hier vor hunderten von Jahren (er nannte eine genaue Zahl, aber ich war viel zu neidisch auf sein Universalgenie, um diese zu notieren) auf den Ruinen der Festung ein rudimentäres Lager aufgebaut wurde, welches sich nie zu einem echten Dorf entwickelte, aber noch bis heute bestehen sollte. Hier würden sich aber nicht etwa die haarigen Albaner aufhalten, sondern vielmehr die "Wütenden Mongos", ebenfalls bekannt aus den Überbleibseln der Fritz-Geschichte.
Lebende Fossilien
Was hatte ein mongolisches Volk in den südlichen Gebirgen Albaniens verloren? Und ab wann zählt ein Dorf eigentlich als Dorf? Offenbar hatten die Mongos ihre Wohnungen in den Überresten der zerstörten Häuser gebaut, sie aber kurioserweise nie repariert oder sonst etwas aus Lehm oder Beton konstruiert. Es fiel mir schwer, zu glauben, dass diese "Zivilisation" bis heute existierten konnte. Noch unglaubwürdiger war, dass bis zu unserer Ankunft niemand anderes auf diese seltsamen Menschen aufmerksam geworden war. "Und genau das bereitet mir Angst", nuschelte sich Mraz in seine Brille, als hätte er meine Gedanken lesen können. "Ich habe das alles schon mehrfach durchgerechnet. 101 Ninjas bieten die perfekte Balance zwischen Kostenaufwand und Angriffskraft. Das ist das beste, was man als normale Person mit guten Kontakten in Asien aufbringen kann. Aber diese Barbaren, die höchstwahrscheinlich nur rohe Gewalt kennen und trotzdem bisher jede Armee verscheucht zu haben scheinen... die Siegchancen sind einfach zu gering, zu unberechenbar - das ist ein einziges Himmelfahrtskommando." Obwohl mir nur die Hälfte von dem, was Mraz da gerade gesagt hatte, einleuchtete, wäre es mir plötzlich lieber gewesen, zusammen mit dem furzenden Ninja-Kumpan in Achims Büro zu sitzen, als in dieser merkwürdigen Ruine zu stehen. Ich wundert mich ein wenig, dass Mraz den Flug hierher überstanden zu haben schien, ohne sich in die Hose gemacht zu haben, als Ilse, die auf eines der kaputten Häuser geklettert war, uns zu sich rief.
Ich fasste mir an meine immer noch stark geschwollene Beule, um mich nochmals davon zu überzeugen, dass ich nicht in einem unheimlich ausführlichen und lebensechten Traum steckte. In der Ferne sahen wir drei riesengroße, nackte Monstermenschen mit auffällig bunten Haaren. Einer von ihnen schien von den beiden anderen gerade ausgenommen zu werden. Man konnte grob erkennen, wie ihm nach und nach die Innereien entfernt wurden und man konnte hören(!), wie die beiden anderen diese im Ganzen zermalmten. Es gesellte sich ein vierter hinzu, der mit geländewagengroßen Steinbrocken um sich warf.
"M-möchte jemand Hallo sagen?", rief ich den anderen zu. Die Ninjas hatten sich so hinter den zerütteten Häuserwänden platziert, dass man sie gerade noch so von der anderen Seite nicht sehen konnte. Mraz beobachtete die Riesen und war anscheinend dabei, einen Plan auszuhecken. Er kommandierte seine Ninjas mit ein paar merkwürdigen Klopfgeräuschen und sie formierten sich zu einer großen, menschlichen Mauer, die die Monster umzingeln sollte. Mraz führte schnell seine Hände zusammen, als würde er ein Gebet sprechen wollen und gab anschließend den Angriffsbefehl.
First contact
Ilse schloss ihre Augen und drückte sich fest an mich. Die ersten Shuriken flogen, die unterste Reihe von Ninjas zückte ihre Katanas und die Krähenfüße lagen bereits auf dem Boden verteilt. Einer der Mongos drehte sich verdutzt um und schlug mit nur einem Hieb ein großes Loch in die Ninjamauer. Die anderen bemerkten gar nicht erst, dass ein Haufen Shuriken in ihrer Haut steckte. Der Mongo mit den Steinen fing an zu lachen und "brach ein Stück" aus der Ninjamauer, welches er anschließend einige Hundert Meter in die Ferne katapultierte. Mraz schrie seinen Ninjas noch etwas Unverständliches entgegen und nahm die Beine in die Hand. "Halt! Bleiben sie hier!", rief ich ihm hinterner. Ich hatte immer noch nicht so richtig kapiert, was hier eigentlich vor sich ging. Die Mongos reagierten überhaupt nicht auf Mrazs Geschrei, sie schienen einfach nur Spaß mit den Ninjas zu haben. Irgendwas brachte mich dann dazu, vom Haus runterzuklettern und mich auf die Mongos zuzubewegen, nachdem ich mich von Ilse losgerissen hatte. Als einer der Mongos seinen Blick auf mich richtete, bekam ich es dann doch mit der Angst zu tun. Ich schloss die Augen, kniete mich auf den Boden und sagte irgendetwas, an das ich mich nicht mehr erinnern kann.
"die gehören zu dir? ^^", durchbohrte es plötzlich meine Ohren. Diese Monster... konnten sprechen! "he ihc rede mit dir. sag doch was :(" Ihre Sprache klang ein wenig zurückgeblieben, aber ich konnte sie sehr gut verstehen. "Bitte tut uns nichts! Wir kommen in Frieden." "lol und darum sghickt ihr einen haufen ninjas hm? :)" "W-wir sind auf der Suche nach etwas und wir wussten j-ja nicht, wer ihr seid..." "shcon gut kleiner jetzt ruf am besten deine freunde zurükc oder ROlf macht noch hackfleisch aus ihnen XD" Die Ninjas schienen immer noch nicht begriffen zu haben, dass sie so gut wie keine Chance gegen diese Riesen hatten. Das nenne ich Kampfgeist! "HEY! STOP! HEY!" Ich versuchte, sie zu beruhigen, aber sie wollten partout nicht auf mich aufmerksam werden. Erst ein ohrenbetäubendes Pfeifen, dass aus Ilses Richtung kam, konnte sie umstimmen. Mraz hatte wohl noch gesehen, wie ich losgegangen war und unsere Unterhaltung verfolgt. "Tun die uns wirklich nichts?", fragte er mich leise. Ich schüttelte den Kopf, war mir aber nicht zu 100% sicher. Ilse gesellte sich nun auch zu uns. "Shcönes mädle ;D", zwinkte mir einer der Mongos entgegen. "Steht leider nicht zur freien Verfügung!", erwiderte ich. Stille.
Ich war schon kurz davor, mich umzudrehen und wegzulaufen, als alle drei Mongos gleichzeitig anfingen, herzhaft zu lachen und sich auf die Brust zu klopfen. Jetzt traute sich auch Mraz, etwas zu sagen. "Was haben sie mit diesem Typen angestellt?" "ohh :O der war schon hin," rief einer der Mongos, der gerade auf einem enorm großen Dickdarm kaute, "wiso was den?" "U-und das ist normal bei, ... euch?" "was solen wir machen ihn liegen lassen? ;) ihr komt am bsten mal mit uns mit" Wir folgten sofort und ohne Widerrede. Auf dem Weg grinste mich einer der Mongos ständig an und ich versuchte, ihm klarzumachen, dass ihm noch ein bisschen Eingeweide zwischen den Zähnen hing. Als was er mein wildes Rumgefuchtel interpretierte, will ich im Nachhinein gar nicht wissen. Der Benzin-Eier-Gestank wurde immer schlimmer. Plötzlich schnappte sich einer der Mongos Mraz und war im Begriff, ihn zu werfen, als ihm einer der anderen einen Schlag ins Gesicht verpasste. "sry Rofl ist ein bissl blöd haha :D" Auf Weihnachtsfeiern und anderen peinlichen Festen fiel es mir immer leicht, anderen Leuten zuzustimmen, ohne dabei den Anschein zu erwecken, die angesprochene Person verletzen zu wollen. Dass das eine Kunst für sich ist, stellte ich auf meiner Pilgerreise mit den Mongos fest, denn da kam nur noch ein hysterisches Gelächter aus mir heraus.
Die Audienz
Die Mongotruppe führte uns in ein etwas größeres Dorf (Dorf oder nicht???). Grob geschätzt hielten sich hier rund zweihundert Mongos auf. Ein Großteil wanderte ziellos durch die Gegend, manche schlugen sich gegenseitig die Köpfe ein und den anderen konnte ich keine mir bekannte Tätigkeit zuordnen. Nur eines war klar: Von Hygiene hatten diese Mongos noch nie etwas gehört. Ilse musste sich mitten auf dem Weg übergeben. Es war wie auf einem Kothaufen-Parkour, aber es lagen auch überall verwesende Leichen herum. Wir näherten uns einer großen Kapelle, der ein Dach fehlte und die anscheinend mit ein paar Felsbrocken, welche durch ein seilartiges Gestrüpp miteinander verbunden waren, "dekoriert" war. "wir bringne euch zu unsere ANführer jeztt", teilte uns einer unserer Reiseführer mit. Im Inneren der Kapelle saß dann tatsächlich ein etwas klein geratener, aber fülliger Mongo auf einer Art Thron, der einem Stuhl zumindest ähnelte. Die anderen Mongos ließen uns allein. "bitte keine falschen vorurteile", sprach der Anführer, "ich halte die beachtung der groß- und kleinschreibung im normalen sprachgebrauch für überflüssig. man macht sich viel zu viele gedanken darüber, ob man selbst bzw. der gegenüber fehler macht, weil die deutsche rechtschreibung einfach mega unnötig kompliziert ist. im endeffekt bremst man sich selbst und die anderen dadurch beim lesen aus und die unterhaltungen dauern länger, versteht ihr?" Schon jetzt war mir klar, dass wir es mit einem Genie zu tun hatten, also quasi dem genauen Gegenteil eines Mongos! Ich werde den Anführer daher ab sofort als "Einstein" bezeichnen.
Einstein sprach weiter: "ihr seit tatsächlich die ersten, die nicht vor uns weggerannt sind. viele haben schon versucht, uns auf video aufzunehmen, damit die welt mal von uns erfährt, aber niemand hat lang genug ausgehalten. kleiner profitipp von mir: versuchts doch mal mit nem satelliten!" "Ähm", räusperte sich Mraz, "aber schreibt man seid in diesem Zusammenhang nicht mit einem 'd'"? Einstein senkte seinen Blick Richtung Boden und seufzte laut. "das ist doch wieder genau derselbe blödsinn. ich schreibe das immer gleich. diese duden-nerds können mich mal mit ihren undurchblickbaren rechtschreibregeln." "Naja, aber bei seid/seit ist das eigentlich relativ-" "RUHE!" Diesen Schrei hatten alle Mongos gehört. Ich befand mich bereits in Fötusstellung und Ilse krallte sich zitternd an meinem Arm fest. "ihr wollts euch doch nicht etwa mit mir versauen? kritisiert ihr auch einen chinesen dafür, dass er sein essen mit stäbchen isst, nachdem er euch zum essen eingeladen hat, nur weil ihr das mit eurem besteck besser gewöhnt seid? mal ganz unabhängig davon, welche art zu essen nun besser ist, falls man das überhaupt so sagen kann. da werd ich fuchsteufelswild! aber das seit halt ihr menschen. da kann man nix machen. nun denn, was hat euch überhaupt hierher verschlagen?" "W-wir suchen nach Fritz...", flüsterte ich leise. "Wir wollten n-nur wissen, was aus ihm geworden ist." "fritz, hmm? diesen namen habe ich schon lange nicht mehr gehört..."